Am Niederrhein zur Ruhe kommen

Am 29. Juni 2022 wurde der Nettetaler Marcus Optendrenk, der auch in Kempen kein Unbekanner ist, als Nachfolger von Lutz Lienenkämper zum Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen im Kabinett Wüst II ernannt und hat seither einige Aufgaben dazu gewonnen. Er ist bestelltes Mitglied des Finanzausschusses des Bundesrates, Vorsitzender des Finanzausschusses des Bundesrates und Vorsitzender der Finanzministerkonferenz. Susanne Jansen hat ihn für erlebe Kempen interviewt.

Ministerpräsident Hendrik Wüst hat Sie mit der Frage überrascht, ob Sie Finanzminister in der neuen Regierung werden wollen. Sie hatten bis dahin andere politische Schwerpunkte im Fokus, wie zum Beispiel Kommunalpolitik und Demokratie-Themen. Was hat Sie selbst an dem Amt gereizt, und wo sehen Sie Ihre Stärken?
Marcus Optendrenk: Es ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, in diesen Zeiten das Amt des Finanzministers auszufüllen. Wir sind in einer Zeit, in der sich mehrere Krisen zeitlich überlagern: Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation, um nur die wichtigsten zu nennen. Da gibt es in der Finanzpolitik keine einfachen Antworten. Vielleicht ist es ein Vorteil, dass ich vom Stadtrat bis zum Landtag politische Arbeit auf mehreren Ebenen gemacht habe. Es gilt ja auch, die unterschiedlichen Interessen zu einem Ausgleich zu bringen – auch finanzpolitisch.
Mit den Mitteln aus dem Krankenhauszukunftsfonds von Bund und Land werden die Krankenhäuser bei uns im Kreis Viersen seit Ende vergangenen Jahres mit 1,2 Millionen Euro unterstützt. Wofür genau wird das Geld eingesetzt?
Wir haben nicht erst in der Corona-Pandemie gesehen, dass Krankenhäuser eine wichtige Säule des Gesundheitssystems sind. Deshalb setzt das Land mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr dafür ein, Investitionen in die Modernisierung und Ausstattung der Krankenhäuser zu unterstützen. Die 1,2 Millionen Euro, bei denen Mittel von Bund und Land stammen, werden für die Digitalisierung von Abläufen in den Krankenhäusern und zur Verbesserung der Pflegedokumentation eingesetzt.
Der nordrhein-westfälische Landtag hat im Dezember vergangenen Jahres im Haushalts- und Finanzausschuss zur Finanzierung der direkten und indirekten Folgen der Corona-Krise 500 Millionen Euro für die Kommunen bereitgestellt. Für den Kreis Viersen sind das insgesamt 8,1 Millionen Euro. Welche kommunalen Probleme können, Ihrer Meinung nach, durch diese Fördergelder jeweils gelöst werden?
Die Kommunalverwaltungen haben in der Pandemie viel geleistet, vor allem auch viele Überstunden. Es sind zusätzliche Kosten für die Bewältigung der
Pandemie entstanden. Diese wollen wir zumindest anteilig ausgleichen. Städte, Gemeinden und Kreis wissen am besten, wo ihnen zusätzliche Kosten entstanden sind. Deshalb gibt es ganz bewusst keine Zweckbindung für diese Mittel.
Welche finanzpolitischen Ziele haben Sie gegenwärtig noch auf der Agenda, um die hiesige Wirtschaft zu stärken?
Die meisten Unternehmen leiden derzeit vor allem unter hohen Energiekosten. Deshalb ist der Deckel durch das Hilfspaket von Bund und Ländern wichtig. Daneben gibt es von Seiten des Landes Hilfsmöglichkeiten durch das Krisenbewältigungsprogramm, das wir vor Weihnachten beschlossen haben. Auch die NRW-Bank steht mit einer breiten Palette von Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Außerdem wollen wir auf Bundesebene steuerliche Anreize für Investitionen auf den Weg bringen. Das ist aber noch ein dickes Brett, das wir da bohren müssen.
Folgen der Corona-Krise, behinderte Lieferketten, immens gestiegene Energiepreise. Können wir, mit Blick in die Zukunft, bundesweit mittel- oder langfristig wieder ein Wachstum erwarten?
Die aktuellen Prognosen gehen davon aus, dass wir 2023 ein schwieriges Jahr haben werden, aber vermutlich keine tiefe Rezession. Danach soll es wieder ein Wirtschaftswachstum von etwa 1,5 Prozent geben. Entscheidend dürfte aber sein, wie sich die Inflationsrate entwickelt. Wenn die Preise weiter stark steigen, belastet das die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Unternehmen sehr stark. Je schneller wir wieder in die Nähe von 2 bis 3 Prozent Inflation kommen, desto nachhaltiger wird die Erholung der Konjunktur gelingen.
Inwieweit werden Sie weiterhin persönlich für Ihre Heimat Nettetal, mit Geburtsstadt Lobberich, und den Kreis Viersen im Einsatz bleiben?
Trotz der neuen Aufgabe habe ich viele Termine bei uns vor Ort wahrgenommen und mache das auch weiterhin: als Landtagsabgeordneter, auf Veranstaltungen und in meinen ehrenamtlichen Aufgaben. Mir ist besonders wichtig, dass ich weiterhin ansprechbar bleibe. Und auch als Minister darf man Hobbys haben, zum Beispiel Tennis bei Rot Weiß Kempen.
Würden Sie sich als den traditionellen Nieder-rheiner klassifizieren? Wenn ja warum?
Ich fühle mich meiner niederrheinischen Heimat sehr verbunden. Das hat mit Natur und Landschaft zu tun, aber auch mit den Menschen hier. Bis auf die Studienzeit habe ich mein ganzes Leben bisher hier gelebt. Es ist wichtig, diesen Halt zu haben, aber auch mal Abstand von der Hektik in Düsseldorf und Berlin zu bekommen.
Wie gestaltet der Privatmensch Marcus Optendrenk seine Freizeit?
Mir ist meine Familie besonders wichtig. Mit ihr verbringe ich gerne meine freie Zeit. Daneben betreibe ich Sport, Tennis und Basketball und fahre gerne mit dem Rad durch die Heimat.
Foto: Land NRW Ralf Sondermann