Seit einigen Monaten verstärkt Kaplan Markus Terporten (35) das Pastoralteam in der Gemeinschaft der Gemeinden Kempen-Tönisvorst. Der gebürtige Brachter wurde am Samstag vor Pfingsten im Aachener Dom zum Priester geweiht. Im Gespräch mit „erlebe Kempen“ erzählt er von der Motivation für seine Berufswahl und erläutert seine besondere Beziehung zum Niederrhein.
Was haben Ihre Eltern gesagt, als Sie denen mitgeteilt haben: „Ich studiere jetzt Theologie.“?
Kaplan Markus Terporten: Meine Mutter hat sich sehr gefreut, weil sie mich durch und durch kennt. Ganz und gar keine Ablehnung, sondern große Freude. Und mein Vater, der musste erstmal damit schwanger gehen – ich war ja vorher Kaufmann. Die waren nicht geschockt, in der Familie hat das nie Gegenwind gegeben.
Das heißt, Sie kommen aus einem religiösen Umfeld?
Ja, ich bin katholisch sozialisiert. „Gut katholisch“ hätte man früher gesagt. Keine übermäßige Frömmigkeit, aber doch ein gesunder Glaube. Mein Großonkel ist auch Priester. Er ist zwar schon hochbetagt, er ist jetzt 88, aber er war immer präsent. Und dann gibt es auch andere Priester, die mich geprägt haben, mir ein Vorbild gewesen sind.
Welche Priester waren das?
Ich bin ein Kind des Niederrheins, gebürtig aus Bracht, Pfarre St. Mariä Himmelfahrt im Westkreis des Kreises Viersen. Wir hatten über 30 Jahre lang einen Pastor, Johannes Wolters, gebürtig aus St. Hubert. Der war so ein Pastor, im wahrsten Sinne des Wortes ein Hirte, der für seine Gemeinde da gewesen ist. Er hat mich in meiner Kindheit und Jugend stark geprägt, ich war auch ein eifriger Messdiener. Wir hatten bis zu seinem Tod im Jahr 2009 eine enge Bindung. Die Kirche zieht sich wie ein roter Faden durch meine Biografie.
Doch zunächst haben Sie einen anderen säkularen beruflichen Weg gewählt?
Nein, ganz säkular war der nicht. Nach dem Abitur im Jahr 2006 habe ich überlegt, was ich beruflich machen soll. Ich komme vom Bauernhof, aber es war schon klar, dass ich da nicht einsteigen werde. Der Gedanke war, etwas Bodenständiges zu machen. Ich habe dann eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann beim Erzbistum Köln gemacht. So bin ich in der kirchlichen Immobilienverwaltung gelandet, also es gab immer eine Anbindung zur Kirche. Für mich lag aber damals immer der Gedanke vor: Das hier ist kein Selbstzweck. Mein Tun dient der Finanzierung und Ermöglichung der Seelsorge und der Pastoral. Gearbeitet habe ich zunächst in Düsseldorf. Dann war ich noch vier Jahre im Verwaltungszentrum in Viersen-Bockert beim Bistum Aachen.
Und dann doch die Entscheidung für das Theologiestudium?
Ja, 2014 habe ich mich entschlossen, Priester zu werden.
Das ist ja angesichts der aktuellen Krise der katholischen Kirche eine sehr mutige Entscheidung, die nur noch wenige junge Männer treffen. Woher nahmen Sie den Mut?
Wir waren bei der Priesterweihe tatsächlich nur zu zweit. Rückblickend war 2014 die Situation noch nicht so angespannt wie heute. Meine Entscheidung Priester zu werden, habe ich aber bisher nicht bereut. Mir macht meine Aufgabe hier sehr große Freude. Im Grunde habe ich mich erst so spät getraut, weil ich nicht den Mut hatte, den Schritt schon früher zu gehen. Ich war nach dem Abitur noch sehr zurückhaltend. Dazu brauchte es die Lebenserfahrung, die ich in den darauf folgenden Jahren gesammelt habe. Und die Menschen, die mich immer unterstützt haben. Die Zeit, der Mut und die Menschen, das war es letztlich.
Wie wollen Sie Priester sein in diesen unruhigen und schwierigen Zeiten?
Zunächst muss ich selbst ein zufriedenes Leben führen, das ist mit das wichtigste Kriterium. Wenn ich nicht ausgeglichen und zugewandt bin, kann ich den Dienst an den Menschen nicht tun. Die Sakramente zu spenden, das sehe ich als Kernaufgabe an. Und an den Wendepunkten des Lebens bei den Menschen zu sein. Die persönliche Begegnung steht für mich im Vordergrund. Ich sehe die strukturellen und organisatorischen Dinge als notwendig an, aber sie sollen mich nicht in meinem Tun behindern, sprich sie sind für mich sekundär. Es sind zudem einfach Dinge zu tun, weil die Menschen das von mir erwarten: Taufe, Beerdigung, Trauerbegleitung, Eucharistie.
Wo nehmen Sie die Kraft für Ihre Aufgabe, wo können Sie entspannen, sich austauschen, auftanken?
Ganz wichtig sind mein Freundeskreis und meine Familie. Da ist die Nähe zur Heimat natürlich nicht verkehrt. Zwei Nichten, zwei Neffen, meine Schwestern, mein Vater. Aber dann auch die Menschen, die mich in meiner Biografie begleitet haben. Das soziale Netz also. Und dann ist natürlich auch mein Glaube eine große Kraftquelle, das Vertrauen: Da, wo ich hingestellt bin, werde ich auch zurechtkommen.
Wie lange werden Sie in Kempen bleiben?
Vier Jahre.
Was bedeutet es für Sie, am Niederrhein, in der Heimat, Ihre Kaplansjahre zu verbringen?
Das ist für mich ein großes Geschenk, ich bin halt Niederrheiner durch und durch. Ich war in Münster, in Krakau, in Aachen im Diakonat. Das habe ich sehr geschätzt, aber das Naturell des Niederrheiners ist mir doch sehr zu eigen. Offenheit, Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit verbindet diesen Menschenschlag hier. Das Schützenwesen etwa ist mir sehr wichtig, weil ich weiß, dass da Gemeinschaft gelebt wird. Karneval, St. Martin, das kenne ich von Kindheit an. Das war jetzt ein Stück nach Hause kommen, nachdem ich acht Jahre unterwegs war. Hier werde ich, wenn ich mit dem Rad durch Kempen fahre, einfach mal gegrüßt. Das tut gut!
Das Gespräch führte Eva Scheuss