So leiht man sich ein Lastenrad

Lastenräder, auch Cargo Bikes genannt, sind im Trend. Um Kinder zu transportieren oder Einkäufe nach Hause zu bringen, sind die pedalbetriebenen Gefährte immer häufiger auf Kempens Straßen zu sehen. Die Stadt Kempen verleiht nun kostenlos E-Lastenfahrräder. „Erlebe Kempen“ hat den Selbstversuch gemacht.

Seit Anfang Mai gibt es das neue Angebot in Kempen. „Der Umstieg auf Elektromobilität ist ein wichtiger Schritt, um die Ziele des integrierten Klimaschutzkonzepts zu erreichen. Und dazu gehören eben nicht nur E-Fahrzeuge, sondern auch E-Lastenräder“, erklärte Bürgermeister Christoph Dellmans bei der Vorstellung. „Was Anschaffung, Unterhaltung, Wartung und Reparatur betrifft, ist ein Lastenrad günstiger als ein Auto. Plus: Es macht keinen Lärm, produziert keine Abgase und Radeln ist gesund“, so der Technische Beigeordnete Torsten Schröder.
Registrierung/Buchung
Die Registrierung online auf leihlastenrad.de geht schnell. Mittlerweile stehen drei Modelle zur Verfügung. Aber das Angebot ist begehrt, Ende April ergattern wir das ausgesuchte Modell nur an einem Tag. Das ist eigentlich nicht vorgesehen. Die Ausleihdauer soll sieben Tage betragen. Kürzere Ausleihen sind nur nach Rücksprache möglich, längere nicht. Für unseren Kurztest muss ein Tag reichen. Ein Blick auf den Buchungskalender Ende Mai: Die kommenden Wochen sind oft rot, sprich: Die Räder sind gebucht. Im Juli, August und September kann man – je nach Modell – Glück haben.
Auswahl
Drei Modelle stehen zur Auswahl. Leihrad 1 ist das Chike mit Kinderkabine. Ein Rad hinten, zwei vorne, dazu eine wetterfeste Kabine für zwei Kinder, die mit einem Fünf-Punkt-Gurtsystem angeschnallt werden. Durch die großen Fenster sind gute Aussichten und Einsichten garantiert. Das Chike ist mit 1,92 Metern so lang wie ein normales Fahrrad.
Leihrad Kempen 2 ist das gleiche Modell, aber mit einer Box. Die Transportbox ist 35 Zentimeter hoch, die Innenmaße betragen 90 mal 68 Zentimeter, das Ladevolumen liegt bei ca. 210 Litern. Die Box kann mit maximal 80 Kilogramm beladen werden.
Das Leihrad Kempen 3 ist ein Bergamont mit Kinderkabine. Es hat zwei Räder, ist deutlich länger als ein normales Fahrrad und hat einen recht großen Wendekreis. Der Kindersitz mit Fünf-Punkt-Gurtsystem ist für Kinder zwischen dem ersten und sechsten Lebensjahr empfohlen.
Da wir keine Kinder transportieren möchten, entscheiden wir uns für einen Test des Chike mit Box.
Ausgabe und Rückgabe
Die Ausgabe und Rückgabe erfolgen persönlich am Rathaus am Buttermarkt. Das funktioniert unkompliziert. Noch schnell eine kurze Einweisung, den Namen der Haftpflichtversicherung angeben, unterschreiben – dann kann es auch schon losgehen. Die Öffnungszeiten des Rathauses sind in der Regel von Montag bis Donnerstag von 8.30 bis 16.30 Uhr und Freitag von 8.30 bis 13 Uhr. Die Abholung/Rückgabe eines Rades in den Randzeiten (8.30 bis 9 Uhr und 16 bis 16.30 Uhr) ist nur nach vorheriger telefonischer Rücksprache möglich. Die Rückgabe im Anschluss ist ebenso unkompliziert wie das Abholen.
Fahren
Die ersten Meter sind ungewohnt, aber man hat den Tritt schnell gefunden. Durch die Neigung der Reifen vorne liegt das Rad gut in den Kurven. Auf dem Radweg am Innenring geben wir dann mal ein bisschen „Gas“. Der E-Antrieb ermöglicht ein zügiges Fahren, ohne dass man aus der Puste gerät. Nur die entgegenkommenden Radler schauen schon mal leicht nervös auf die breite Kiste. Breitere Radwege wären stellenweise nicht verkehrt. Aber es passt alles.
Transportieren
Zunächst laden wir uns ein paar der schweren Kartons mit der „erlebe Kempen“-Ausgabe in die Box und verteilen sie in der Altstadt. Vor dem Abstellen muss der Lenker festgestellt und die Wegrollsperre aktiviert werden. Das erfordert bei diesem speziellen Modell etwas Kraft in den Fingern. Nur schnell ins Geschäft springen, ist also nicht so einfach. Passt das Gefährt denn auch zum Parken im Hinterhof durch die Tür? Ja, es passt. Weiter geht es zum Einkaufen. Die Klappbox mit Altglas und die Tüte mit Pfandflaschen sind schnell in die Box geladen und ab geht es zum Supermarkt. Das Abstellen dort ist kein Problem.
Fazit
Zugegeben, das war nur ein kurzer Test. Aber eins zeigt sich schnell: Lastenradfahren macht wirklich Spaß. Man kommt mit seinen „Lasten“ gut vor nahezu jede Tür. Auch mit schweren Kartons fährt es sich dank E-Motor richtig entspannt. Auch für etwas weitere Strecken kann man sich das gut vorstellen. Und besonders für kommunikative Menschen ist es ein Highlight, damit unterwegs zu sein. Ins Gespräch kommt man schnell. Denn die Neugier ist groß. Wo kann man das ausleihen? Wie fährt es sich?
Die Stadt macht das Leihangebot, um Menschen die Entscheidung über eine Anschaffung zu erleichtern. Die klimafreundliche Alternative zum Auto ist auch für die Stadt gut. Aber lässt sich ein solches Rad auch in den eigenen Alltag integrieren, nutzen, unterstellen, aufladen etc.? Lohnt sich die Anschaffung? Das kann man nur im Selbstversuch herausfinden. Dafür ist das neue Angebot toll.
Unser Wunsch: Auch ein Leihangebot für spezielle Einsätze – wenn man zum Beispiel einen schweren Einkauf aus der Altstadt nach Hause fahren möchte – wäre gut. Wahrscheinlich wären durchaus Menschen bereit, für einen solchen Service zu zahlen. Dann wäre es besser, die Ausleihzeiten auszuweiten, damit auch Berufstätige eine Chance haben. Auch wären Stundentarife sinnvoll. Und die Auswahl müsste größer sein, damit man nicht vier Wochen warten muss. Möglich wären dann Abstellboxen, die man nach der Buchung mit einem speziellen Code öffnen kann.

Ulrike Gerards und Patrick van der Gieth