Vier auf vier Rädern

Uwe Papenroth ist mit seiner Familie im Offroad-Expeditionsmobil viele Monate durch Südamerika gereist. Ein Dokumentarfilm, der am 30. Juli im SWK- Sommerkino an der Krefelder Rennbahn gezeigt wird, erzählt von der Reise.

|| Michael Lessenich

Der 57-jährige Uwe Papenroth hat vor ungefähr 15 Jahren sein altes Leben gegen sein aktuelles getauscht. Sein altes Leben, das war eine Sieben-Tage-Arbeitswoche mit viel Stress vor allem am Wochenende. Sein neues Leben besteht aus Freiheit, Abenteuer – und vor allem mehr Zeit für seine Familie.

Dass es dazu gekommen ist, das hat der 57-jährige gebürtige Krefelder seiner Frau Sandra Stocks zu verdanken. Denn sie hat ein Faible für ausgefallenere Reisen. Es ging mit einigen Entdeckungstouren nach Bali, mit einem Wohnmobil nach Schweden, später nach Island, Australien, Neuseeland, China oder Island. Vor vier Jahren brach die Familie, zu der mittlerweile auch die Kinder Luca und Felix gehörten, mit einem Offroad-Expeditionsmobil zur (bisherigen) Tour ihres Lebens auf – über vier Monate nach Südamerika. Durch Bolivien, Chile, Patagonien, Argentinien, Paraguay, Uruguay und Süd-Brasilien. „Wir hatten danach 27 Stunden Videomaterial, eigentlich nur für uns als Erinnerung aufgenommen“, so Papenroth und fügt augenzwinkernd hinzu: „Irgendwann mussten wir uns eingestehen, dass wir uns das in der Form ganz sicher nicht anschauen werden. Ein Freund von mir hat vorgeschlagen, einen Dokumentationsfilm draus zu schneiden.“ Als Film, der eine echte Story erzählt, funktioniert das Gesamtergebnis – das hat ein Testlauf vor kleinerem Publikum bewiesen. Es ist ein Dokumentarfilm, der von Fern- weh erzählt, von netten Begegnungen und vom großen Abenteuer. Ein Film wie gemacht fürs große Kino. Die Premiere des Films musste wegen Corona verschoben werden, wird aber nun am Samstag, 30. Juli ab 21.20 Uhr im Rahmen des Open-Air-Kinos der Stadtwerke Krefeld an der Rennbahn in Krefeld zu sehen sein. Dort kann man sich zudem solche Expeditionsmobile anschauen wie das, mit dem die Familie in Südamerika unterwegs war.

Erlebe Kempen: Herr Papenroth, worum geht es in dem Film?

UWE PAPENROTH: Natürlich wird in erster Li- nie unsere Reise nacherzählt. In all ihren Facetten. Natürlich haben wir alles geplant, aber es ergeben sich immer spontane Herausforderungen, welche ge- meistert werden müssen. Der Film ist aber auch ein Beweis dafür, dass man keine Scheu davor haben sollte, das zu tun, was man gerne machen möchte. Einfach ausprobieren, ohne Vorbehalte, ohne Angst. Viele trauen sich zum Beispiel nicht, mit kleinen Kindern große Reisen zu machen, andere finden Südamerika zu gefährlich. Dabei ist das Reisen mit kleinen Kindern total toll, und ein sechs Monate al- tes Baby trägt man doch ohnehin nur durch die Ge- gend. Und dass einer versucht, einem das Auto zu knacken, kann auch in Italien, Frankreich oder vor der Haustür passieren.

Für uns ist dieser Film auf einer anderen Erzähl- ebene ein Lehrstück darüber, was im Leben wich- tig ist und was nicht.

Ja, absolut. Wer das macht, was wir gemacht haben, der verzichtet auf allerhand gewohnten Komfort. Dafür bekommt man viel zurück. Man merkt, wie wenig man im Grunde zum Leben benötigt. Denn es ist doch so: Oft verwechseln wir Lebensstandard mit Lebensqualität. Das kann man vor allem bei den Kindern sehr gut beobachten.

Inwieweit?

Diese Reisen sind unglaublich prägend und echte Charakterschulen. Bei unserer Südamerikareise war Luca, unser Ältester, fünf Jahre alt. Er hat bei den Reisen ein sehr großes Interesse an der Natur entwi- ckelt. Er ist keiner, der nur auf einen Bildschirm starrt oder so. In Südamerika hat er damit angefan- gen, in einer Fantasieschrift Tagebuch zu schreiben – er konnte noch gar nicht schreiben. Das hat er uns dann immer vorgetragen.

Was waren denn die Höhepunkte dieser Reise?

Die Höhepunkte sind ja meistens die Missgeschicke. Rückblickend betrachtet natürlich. Einmal sind wir durch den Dschungel gefahren, vor uns ein Guide auf dem Motorrad. Auf einer Sandbank mitten auf einem Fluss ist er stehengeblieben, und wir hinter ihm natürlich auch. Als wir plötzlich 30 Zentimeter eingesackt waren, komplett festgefahren waren und wir neben dem Auto auf der Sandbank standen, kamen die Schweißperlen und die Fragen: Kommen die Krokodile? Kommt gleich eine Sturzflut? Sieben Stunden später hatte uns ein Radlader befreit.

Puh. Das klingt nach Abenteuer.

Highlights sind aber immer auch die Tiere, die man unterwegs sieht. Natürlich faszinieren Wale und Seelöwen, aber es können auch kleine Sachen sein, die einen total begeistern. Als wir in Costa Rica waren, haben wir plötzlich eine lustige Raupe entdeckt, vielleicht fünf Zentimeter lang. Die sah aus wie aus einem Star-Wars-Film.

Wann ist denn die nächste große Reise geplant?

Eigentlich in diesem Jahr! Allerdings mussten wir einsehen, dass es einfach momentan nicht passt. Zum einen, weil unser neuer LKW noch nicht fertig ist und zum anderen, weil die weltpolitische Lage momentan leider so ist, wie sie ist. Denn eigentlich hatten wir geplant, durch die Ukraine, Georgien, die Türkei, Iran, Oman, Saudi-Arabien und Jordanien nach Israel zu reisen. Das geht momentan natürlich nicht.

Ein neuer LKW? Das heißt, der Iveco Daily aus dem Film gehört der Vergangenheit an?

Ja, vor allem meine Frau war sehr traurig, als wir ihn verkaufen mussten – man baut zu so einem Fahrzeug eine Beziehung auf. Aber wir haben mittlerweile drei Kinder, da war das alte Mobil mit seinen drei echten Schlafplätzen zu klein geworden. Jetzt haben wir ein altes THW-Fahrzeug gekauft.

Und das wird noch umgebaut?

Ja, wir haben es nach dem Kauf komplett auseinandergenommen. Abgesehen vom Fahrgestell und dem Fahrerhaus ist da nichts mehr original. Zuvor hatten wir immer fertig umgebaute Offroad-Mobile gekauft. Diesmal bauen wir uns unser Mobil selbst genau so, wie wir es haben möchten. Momentan steht der Wagen in Krefeld beim Schreiner, gerade wurde die Küche eingebaut. Aber wegen den langen Wartezeiten und hohen Rohstoffpreisen durch Corona geht es nur langsam voran. Wir feiern im November dreijähriges „Umbau-Jubiläum“.

Also macht Ihre Familie im Sommer einen ganz normalen Pauschal-Urlaub?

(lacht) Nein, sicher nicht. Der Plan ist eine kleine Testreise nach Spanien, wo wir unser neues Gefährt auf Herz und Nieren testen, bevor es irgendwann hoffentlich wieder auf „große Reise“ geht. Denn das Gefährt ist mit 14 Tonnen nicht nur ziemlich schwer, sondern auch voller Technik und vor allem autark. Es hat einen 400-Liter-Wasserkanister und eine Elektroanlage, die aufwändiger ist als bei einem Einfamilienhaus. Es gibt einen Stromgenerator, eine Solaranlage, an Bord ist ein Backofen – das ist ein hochkomplexes Gesamtgebilde, bei dem die Räd- chen ineinandergreifen müssen.

Packt Ihr beim Umbau denn selbst mit an?

Selbstverständlich. Die Elektrik überlassen wir den Fachleuten, genauso wie Ölwechsel und ähnliche Dinge. Aber darüber hinaus hat meine Frau die Wasserinstallation gemacht, wir gemeinsam Heizung und Klimaanlage, und die Kinder haben zum Beispiel beim Streichen geholfen. Wir verstehen das in jeder Hinsicht als Familienprojekt.

Wer mehr über den Film „Vier auf vier Rädern“ erfahren, der sollte nicht nur unbedingt ins SWK- Sommer-Kino, sondern auch auf die Website vavr.de, wo es zahlreiche Details zur Reise gibt, aber auch an prominenter Stelle eine sehr schöne und passende Weisheit: „Es gibt viele Wege, die man in seinem Leben gehen kann. Der Beste ist wohl der, der dich am Ende glücklich macht.“