Das Jubiläumsjahr zum 550. Todestag von Thomas von Kempen ist vorüber. Was ist geblieben, was wird noch kommen? Ein Blick zurück und nach vorn mit Angela Janssen von der Thomas-Stiftung Kiefer.
„Wenn du meinst, vieles zu wissen und es recht gut zu verstehen, so bedenke, dass es noch weit mehr gibt, was du nicht weißt.“
Am Tag, an dem dieser Artikel entsteht, am 19. Januar, ist dies das Zitat des Tages in „365 Tage. Nachfolge. Denkanstöße von Thomas a Kempis“. Eine Bürde ist diese Aufforderung ja schon. Besonders wenn man diese nicht gleich auf die anderen Menschen bezieht, sondern als Reflexion des eigenen Verhaltens begreift, kostet dies schon Überwindung, wenn man es ernst meint.
Aber neben dem vielen, was wir nicht wissen, wissen wir zumindest dies: 2021 war ein gutes Jahr für die, die sich in der Stadt um das Vermächtnis des Thomas von Kempen bemühen. Zum Jubiläumsjahr zum 550. Todestag war vieles geplant. Auch wenn aufgrund der Corona-Pandemie nicht alles wie gedacht stattfinden konnte, war es doch ein erfolgreiches Jahr. Höchste Zeit für einen Blick zurück.
Für Angela Janssen von der Thomas-Stiftung Kiefer, die sich der Erforschung von Thomas’ Leben und Werk sowie der Verbreitung seiner Schriften verschrieben hat, ist das Jahres-Highlight klar: der Festakt im Oktober samt Welturaufführung der Komposition „Aeternum Dei Verbum“ („Ewiges Wort Gottes“), das der Komponist Thomas Blomenkamp im Auftrag der Thomas-Stiftung eigenes über einen Text des Thomas geschrieben hat. Namhafte Musiker waren beteiligt, darunter der international ausgezeichnete Kammerchor „Consonso“ aus Köln unter der Leitung von Harald Jers und die Kempener Organistin Ute Gremmel-Geuchen. „Die Sängerinnen und Sänger haben für zwei Tage in Kempen gewohnt, um das Stück gemeinsam zu proben“, erzählt Angela Janssen. Die jungen Musiker waren ganz angetan von der Stadt, der Stimmung, dem Miteinander. Eine richtige Freundschaft habe sich ergeben. Dann das Konzert in der Propsteikirche: gewaltig. Auch das Presse-Echo war durchweg positiv: „Das zwölfminütige Werk für achtstimmigen Chor und Orgel, das hohe Ansprüche an Chor und Orgelsolistin stellt, ist von beeindruckender Klarheit und Durchsichtigkeit, hat teils nachromantische Anklänge und scheut, wie bei Blomenkamp gewohnt, Harmonisches nicht“, schrieb die RP. Es sei eine mit Recht umjubelte Uraufführung gewesen. Am nächsten Tag wurde das Konzert in der Basilika in Zwolle wiederholt, wo Thomas zuletzt gelebt hatte und der Schrein mit den sterblichen Überresten des berühmten Mönchs und Mystikers steht.
Aber auch der Festakt vorab war ein würdiges Erlebnis. Lukas Gallach, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Philosophie an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, gab eine Einführung in Leben und Persönlichkeit des Thomas. Zudem sprach der Moraltheologe und Philosoph Marcel Vogel von der Ordensgemeinschaft Augustiner-Chorherren aus dem niederbayerischen Paring, der sich intensiv mit Thomas auseinandergesetzt hat.
Aber 2021 ist noch mehr passiert. Der Thomas-Tag wurde im Juli gebührend gefeiert, im Kramer-Museum war eine Ausstellung zu seinen Ehren zu sehen. In den Niederlanden hatte das Titus Brandsma Institut in Nijmegen im August zu einem Symposium eingeladen. Dort präsentierte Ulrike Bodemann-Kornhaas vom Thomas-Archiv eine Abschrift der Bibel von Thomas, die digitalisiert wurde und nun für jeden zugänglich im Netz präsentiert wird.
Thomas in kleinen Häppchen für jeden Tag: Das bietet die bereits erwähnte überarbeitete Neuauflage des Büchleins „365 Tage. Nachfolge. Denkanstöße von Thomas a Kempis.“, das der mittlerweile verstorbene Alt-Propst Josef Reuter und Maria Claaßen 2002 zusammengestellt hatten. Herausgegeben vom Thomas-Verein mit Unterstützung der Stiftung ist die Neuauflage nun modern gestaltet durch den Grafiker Henning Lindeke.
Eines konnte aber nicht umgesetzt werden: die geplante Pilgerreise nach Zwolle auf den Spuren des Thomas’. Als er 13 Jahre alt war, machte sich Thomas 1392 zu Fuß auf den Weg von Kempen ins niederländische Deventer, um dort seine Schulbildung zu vervollständigen. Diesen Weg wollten nun Kempener möglichst authentisch nachgehen. Erst die rund 150 Kilometer nach Deventer, dann die restlichen rund 30 Kilometer nach Zwolle. „Genau weiß man nicht, wo er gegangen ist, aber wir haben eine wahrscheinliche Route mit Hilfe von alten Karten erarbeitet“, sagt Angela Janssen. Alles wäre also bereit und soll auch nachgeholt werden. Nun heißt es warten, bis die Corona-Situation einen guten Start möglich macht. Oder wie Thomas schrieb:
„Überall musst du die Geduld bewahren, wenn du inneren Frieden haben und dir die ewige Krone verdienen möchtest.“