Die Whiskybotschaft in Nieukerk, einem Ortsteil der Gemeinde Kerken, war eine Institution. Nun gibt es eine Neuauflage – mit Kempener Beteiligung. Und der Neustart ist gelungen.
Etwa 15 Kilometer von Kempen entfernt, im beschaulichen Ortskern von Nieukerk, gibt es ein Kleinod, von dem vor allem Eingeweihte wissen. Die Whiskybotschaft hatte sich unter dem Besitzerehepaar Michaela und Tim Tünnermann seit 2013 zu einem Mekka für Whiskyfans aus aller Welt entwickelt. In der internationalen Whisky-Szene machten sie sich einen Namen und erhielten mehrfach die Auszeichnung zum besten Whiskyshop Deutschlands – und die Konkurrenz war mit mehr als 1.000 Geschäften nicht klein. In der Szene kannte die Botschaft jeder. So manche besondere Flasche lagerte dort im urigen Gewölbekeller. „Einmal ist hier ein Scheich aus Dubai in der Limousine vorgefahren. Das war schon ein bisschen verrückt“, erzählt Max Menne. Gleichzeitig war es für viele Nieukerker auch einfach ein Ort, um einen guten Kaffee in den schweren Ledersesseln zu genießen oder an lauen Sommerabenden draußen auf der Terrasse unter den Platanen bei einem Aperitif oder einem Bierchen zu entspannen.
Die Erfolgsgeschichte fand ein jähes Ende, als Michaela und Tim Tünnermann 2021 bekannt gaben, Geschäft und Gastronomie aus gesundheitlichen Gründen aufgeben zu müssen. Der Wunsch, das Schmuckstück zu erhalten, war in der Gemeinde groß. So fand sich im August 2022 eine Betreibergesellschaft mit zwölf Gesellschaftern und einem Geschäftsführer, der aber offenbar kein glückliches Händchen hatte. Denn zwei Jahre später ging die Suche nach einem Nachfolger in die nächste Runde.
Und es fand sich ein Team aus drei Experten für edle Tropfen aus der Region, die Ende November die Türen zum historischen Gebäude wieder geöffnet haben. Max Menne kannte die Situation rund um die Whiskybotschaft sehr gut. Er gab den Anstoß und fand mit Peter Day und Thomas Viehweg zwei Partner. „Die Mischung aus Ausschank und Verkauf ist einzigartig. Hier kann man direkt probieren, was man kaufen möchte“, so Max Menne. Es war dem Trio einfach wichtig, eine solche Institution am Leben zu erhalten, ergänzt Peter Day.
Alle drei haben sich den edlen Tropfen verschrieben. Max Menne ist das Gesicht hinter dem Tresen in der neuen Whiskybotschaft 2.0. Er hat Getränketechnologie an der Hochschule in Geisenheim studiert, ein Studium, bei dem man die Herstellung verschiedener Getränke wie Saft, Sekt, Wein, Bier oder Spirituosen lernt. Mit einem Freund gründete er das Unternehmen „Scout Brothers“, das für handgemachte Spirituosen vom Niederrhein steht.
Ihm zur Seite steht unter anderem ein in der Stadt Kempen bekanntes Gesicht: Peter Day, der in einer Manufaktur edler Brände „Mühle 4“ in der Wackertapp-Mühle in St. Hubert seine Leidenschaft für gute Obstbrände zum Beruf gemacht hat. Im ehemaligen Mehllager der Mühle entstehen heute aromatische Destillate in kleinster Auflage, die sich bereits deutschlandweit eine Fangemeinde erarbeitet haben. Dritter im Bunde ist Thomas Viehweg vom „Sevel‘ner Brennhaus“. Dieser führt nicht nur in vierter Generation eine erfolgreiche Gärtnerei, sondern ist im Issumer Ortsteil Sevelen auch der Kopf hinter dem Brennkessel und setzt seine botanische Erfahrung ein, um der Frucht das volle Aroma für Brände und Liköre zu entlocken.
500 verschiedene Whiskeys zur Auswahl
Vor dem Neustart der Botschaft stand zunächst einiges an Arbeit an. Denn das alte Gebäude hatte einige Monate leer gestanden – dementsprechend gab es einiges zu tun. Von der früheren Firma konnten Teile des Sortiments und des Mobiliars übernommen werden. Es wurden aber auch behutsam einige neue Farb-Akzente gesetzt. Vor gut 20 Jahren war das historische Gebäude mit viel Feingefühl renoviert worden. Die Mischung aus modern und urig, gemütlich und stylisch ist voll gelungen und auch jetzt weiter erhalten geblieben. Dazu gehören die dicken alten Eichenbalken und ein mit einer Glasplatte versehendes Loch im Boden, das einen Blick in den Gewölbekeller erlaubt.
Die vorhandene Auswahl an Whiskys und Co. haben die drei Experten ergänzt. Zurzeit stehen über 500 verschiedene Whiskys zur Auswahl. „Da ist sicher für jeden Geschmack was dabei“, so Max Menne. Bei der Herkunft liegt der Fokus auf Scotch, also Whisky aus Schottland, aber Produzenten aus anderen Ländern sind auch vertreten.
Neben Whiskys gibt es Tequila, Mezcal, Brandy, Rum und Gin. Auch die Produkte von Scout Brothers, Mühle 4 und Sevel‘ner Brennhaus sind dort zu finden. Eigener Whisky gehört aktuell nicht dazu. Der Mühle-4-Whisky ist bereits ausverkauft. Nachschub – auch von Scout Brothers – lagert noch im Fass. Mit dem Start sind die neuen Whiskybotschafter sehr zufrieden. Das Geschäft ist gut angelaufen und auch im neuen Jahr sind Interesse und Nachfrage durchaus da. „Die Leute haben schon gefragt, ob man im Sommer auch wieder draußen sitzen kann. Ja, kann man“, so Max Menne. Vielleicht dann also ein lohnendes Ziel für eine Frühlingsfahrradtour von Kempen nach Nieukerk.
Fotos: Patrick van der Gieth