Hier bildet Kempen aus

Was will ich mal machen? Junge Menschen, die sich diese Frage stellen, haben vielfältige Möglichkeiten. Es muss nicht immer sofort ein Studium sein, manchmal ist es vielleicht auch sinnvoll, erst einmal in einen Beruf hineinzuschnuppern. In der Stadt Kempen gibt es dazu ein großes Angebot. Erlebe Kempen hat bei zwei Akteuren vorbeigeschaut, die sich damit auskennen – beim Unternehmerkreis Kempen und dem Bildungszentrum DEULA. 

Patrick van der Gieth und Ulrike Gerards

Die Wahl der richtigen Ausbildung ist eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben eines jungen Menschen. Sie legt den Grundstein für die berufliche Zukunft und beeinflusst oft auch die persönliche Entwicklung. Doch wann sollte man sich mit dem Thema Ausbildung auseinandersetzen? Idealerweise beginnt die Orientierung bereits in der Schulzeit, damit genügend Zeit bleibt, verschiedene Möglichkeiten zu erkunden. Dabei spielen persönliche Interessen, Stärken und berufliche Perspektiven eine zentrale Rolle. Auch praktische Erfahrungen, etwa durch Praktika oder Gespräche mit Fachleuten, können helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen. In Kempen haben junge Menschen zahlreiche Möglichkeiten, sich zu informieren und eine Ausbildungsstelle zu finden.

Im März 2024 hat der Unternehmerkreis Kempen (UKK) für seine Mitgliedsunternehmen das Online-Karriere-Tool „Karriere in Kempen“ an den Start gebracht. Und ein Jahr später freut sich der UKK-Vorsitzende Peter Nieskens, dass es gut angenommen wird. Die Unternehmen selbst haben die Datenbank mit ihren Angeboten gefüllt und stellen so ihre beruflichen Möglichkeiten vor, dazu gehören Ausbildung, Praktikum, duales Studium, Freiwilligendienste, Ferienjobs und weitere Angebote. „Das Tool baut Brücken zwischen Schule und Wirtschaft. Es bietet Schülern, Eltern, Lehrern und weiteren auf dem Arbeitsmarkt aktiven Menschen Orientierung und Perspektiven“, berichtete Nieskens vor einem Jahr – und die vergangene Zeit wurde intensiv genutzt, um das Portal auf allen weiterführenden Schulen in Kempen und in Mülhausen sowie auch bei Elternabenden zu präsentieren. 

Bierdeckel für die Karriere-Plattform

Die ersten erfolgreichen Vermittlungen von Ausbildungen und Praktikumsstellen über die Plattform gab es bereits, freut sich Peter Nieskens. Aber damit nicht genug: Bei den großen Karnevalsveranstaltungen in diesen Tagen sind überall Bierdeckel zu finden, die auf die Plattform aufmerksam machen. Aber auch in Kempener Restaurants und Kneipen sind sie zu finden. 30.000 Stück wurden gedruckt. 

Viele Betriebe suchten Nachfolger. Jetzt ist eine gute Gelegenheit einzusteigen und sich diese Zukunftsoption zu sichern. 

Von A wie Anästhesietechnische Assistenz (ATA) im Hospital bis Z wie Zerspanungsmechaniker bei Pfeiffer Chemie-Armaturenbau reicht das Spektrum. In der Pflege sowie in der Lagerlogistik in verschiedenen Kempener Unternehmen werden Fachkräfte ausgebildet. Auch der Lebensmittelbereich, sei es in Großküche, Bäckerei oder Fleischerei, ist gefragt. 

DEULA – so viel mehr als Fahrschule

Auch bei der DEULA Rheinland kann man eine Ausbildung in der Hauswirtschaft absolvieren. „Wir bieten die Ausbildung in der Hauswirtschaft jetzt zum zweiten Mal an“, berichtet DEULA-Geschäftsführer Gerd Krewer. Die erste Auszubildende ist vor zwei Jahren gestartet, eine Kempenerin hatte die Ausbildung begonnen, und damit habe man gute Erfahrungen gemacht. Die Ausbildung ist sehr umfassend und weit mehr als „nur“ kochen. Wer also Freude an praktischen Tätigkeiten und Organisation sowie Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein und einen guten Hauptschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation zu bieten hat, kann sich für die Stelle zum 1. August gerne bewerben. 

Die DEULA in Kempen ist ein spannendes Arbeitsfeld. Das Bildungszentrum mit Sitz am Krefelder Weg bietet ein Komplettangebot für eintägige bis vierwöchige Lehrgänge für unterschiedliche Qualifizierungen und für verschiedene Berufe und zählt zwischen 5.500 und 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer pro Jahr. Die meisten kennen die DEULA wohl von ihrem Angebot, dort den Führerschein abzulegen. Dieser Bereich ist sehr gefragt. Vor zwei Jahren wurde ein vierter Lkw angeschafft, weil man die Nachfrage sonst nicht mehr bedienen konnte. Im vergangenen Jahr konnte man zum ersten Mal den Millionen-Umsatz im Fahrschul-Bereich knacken, freut sich Gerd Krewer.

Doch das Lehrgangsspektrum bei der DEULA geht noch weit darüber hinaus, reicht von der klassischen überbetrieblichen Ausbildung für Auszubildende im Rheinland unter anderem für Gärtner, Landwirte, Straßenwärter, Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice und Fachkräfte für Agrartechnik, über Fortbildungsberufe wie Greenkeeper auf Golfplätzen und in Sportstätten, Schädlingsbekämpfer sowie Meisterqualifikation im Rohr-, Kanal- und Industrieservice. Auch zahlreiche weitere Zusatzqualifikationen wie Schweißen und Gabelstaplerfahren gehören dazu. 

Hauptsächlich kommen die Teilnehmenden – Jugendliche, aber auch Erwachsene – aus dem Rheinland, für einige Bereiche aber auch aus ganz Deutschland nach Kempen. Für die Ausbildung der Greenkeeper reisen sogar Österreicher und Schweizer an den Niederrhein.

54 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 22 Ausbilder und Fahrlehrer in Vollzeit, sorgen dafür, dass der Laden läuft. „Und wir würden noch einige mehr einstellen, wenn es sie denn gäbe“, so Gerd Krewer. Dazu kommt neben der Verwaltung auch das Team im Bereich Hauswirtschaft, denn auch Verpflegung und Übernachtungsmöglichkeiten werden hier angeboten. Im August 2021 ist das „Haus der Landwirtschaft“ eröffnet worden, ein Tagungszentrum für bis zu 180 Personen mit Gästehaus mit 42 Einzelzimmern. Mit der Investition von ca. 3,4 Millionen Euro reagierte das Bildungszentrum auf die wachsenden Ansprüche im Lehrgangsbetrieb.

Profis für die Bundesliga-Rasen

Und was ist am meisten gefragt? Neben der Fahrschule wird der Bereich Motorsägenkurse sehr gut angenommen, weiß Jennifer Peterburs aus der DEULA-Geschäftsleitung zu berichten. Beim Sachkundenachweis von Pflanzenschutzmitteln gebe es regelmäßige Nachfrage, da man diesen alle drei Jahre auffrischen muss.

Eine Besonderheit in Deutschland ist das DEULA-Angebot für Greenkeeper, die für die schönen Rasenflächen auf Golf-, Fußball- und anderen Plätzen zuständig sind. Von der DEULA gibt es lediglich im bayerischen Freising einen weiteren Standort, der dies anbietet, allerdings nicht in der gleichen Größenordnung wie in Kempen. Entsprechend groß ist hier die Nachfrage. Viele der DEULA-Schüler sind in den deutschen Bundesliga-Stadien im Einsatz. „Unser Kundenkreis ist schon sehr elitär, alle Vereine der Deutschen Fußball-Liga sind dabei – außer die Bayern, die gehen nach Freising“, berichtet Gerd Krewer. Man sei gut vernetzt, auch mit dem Deutschen Fußball-Bund DFB gebe es gute Kontakte und einige Kurse werden vom DFB zertifiziert. Bei der DEULA ist man  – mit einem Augenzwinkern  – davon überzeugt, dass es die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land 2006 vor allem auch deswegen bis ins Halbfinale geschafft hatte, weil alle Platzwarte der Stadien noch einmal in Kempen geschult worden waren. Auch in der Ausbildung in der Schädlingsbekämpfung ist die Kempener DEULA einzigartig. 

Die Ausstattung bei Maschinen und Geräten ist vielfältig und wird mit Hilfe der Industrie ständig auf dem neuesten Stand gehalten. Mit neuen Anforderungen kommen immer neue Themen in der Ausbildung dazu. So kann man bei der DEULA auch einen Drohnen-Lehrgang vor der Prüfung zum Fernpilotenzeugnis absolvieren. 

Das Thema Fachkräftemangel macht sich bei der Nachfrage nach Bildungsangeboten bei der DEULA zurzeit nicht so sehr bemerkbar. Die Zahlen bei den Landwirten sind konstant, obwohl die Zahl der Betriebe zurückgeht. Bei den Straßenwärtern geht es sogar aufwärts. Der Garten- und Landschaftsbau ist die mit Abstand stärkste Gruppe im Bereich der überbetrieblichen Ausbildung. „Wir sind verhalten optimistisch, dass das so bleibt“, so Gerd Krewer mit Blick auf die positiven Zahlen. Die Schulabgangszahlen würden in den nächsten zehn Jahren noch steigen. Die Frage werde sein, inwieweit es die Ausbildungsbetriebe schaffen, junge Leute zu motivieren, ein Handwerk oder einen Beruf zu erlernen, statt direkt ins Studium zu gehen. Die DEULA in Kempen also weiter auf Wachstumskurs? Das wird räumlich an diesem Standort schwierig. Zurzeit entsteht eine neue Halle, danach sind die Möglichkeiten am Krefelder Weg ausgereizt. 

Industriekauffrau 

Lilly Gall lernt seit August Industriekauffrau bei Pfeiffer Chemie-Armaturenbau. Zurzeit ist sie im Einkauf, kümmert sich also um die Bestellungen des Materials, das für die Produktion benötigt wird. Zur Ausbildung gehört auch der Vertrieb, bei dem es dann um den Verkauf geht. „Die Aufgaben sind sehr vielfältig“, sagt sie. Im Kontakt mit den Kunden ergeben sich immer wieder neue Herausforderungen, die es zu klären gilt. 

Industriemechaniker

Maximilian Grundwald ist zurzeit im zweiten Jahr der Ausbildung zum Industriemechaniker bei Pfeiffer Chemie-Armaturenbau. Dabei dreht sich alles um die Verarbeitung von Metall. Verschiedene Gewinde schneiden und bohren gehört dazu. Maximilian Grundwald macht die Arbeit Spaß. Das Lernen in der Schule war nicht seins, wie er sagt, das praktische Arbeiten liegt ihm da mehr. Zudem freut er sich, als Geselle dann einen sicheren Abschluss in der Tasche zu haben. 

Schilder- und Licht­reklamehersteller

Ieva Biseniece macht bei der Kempener Firma Ideenwerk NRW seit August 2024 ihre Ausbildung als Schilder- und Lichtreklameherstellerin und ist damit sehr zufrieden. Die Mischung aus Kreativität und Handwerk gefällt ihr besonders gut. Mal ist Kreativität und Feinarbeit bei der Herstellung der Schilder gefragt, bei der Montage vor Ort wird es dann aber auch handfest.