Nicht nur für Bedürftige eine gute Adresse: Die Kleiderkammer der Malteser ist eine gefragte Sozialeinrichtung in Kempen.
Sofia (Namen von der Redaktion geändert) ist vor zwei Jahren mit ihren beiden Kindern aus der Ukraine vor dem russischen Angriffskrieg geflohen und lebt in Kempen. Maria ist alleinerziehende Mutter von Zwillingen, die Altenpflegerin lebt in einer Sozialwohnung in St. Hubert. Peter hat nach einem Arbeitsunfall als Dachdecker nie wieder in seinem erlernten Beruf Fuß gefasst und schlägt sich als Taxifahrer durch. Was alle Drei verbindet: Man trifft sich regelmäßig in der Kleiderkammer der Malteser an der Verbindungsstraße 27.
Weder Sofia noch Maria noch Peter können es sich leisten, die Schwellen der chicen Modehäuser in den Innenstädten zu betreten. In der Kleiderkammer der Malteser finden sie gut Erhaltenes zu kleinen Preisen: Textilien aller Art und in allen Größen wie Hosen, Kleider, Jacken, Shirts, Handtücher, Bettwäsche; aber auch Schuhe, Schmuck, Accessoires, Taschen, Porzellan, Gürtel, Hüte, Gesellschaftsspiele und vieles mehr.
Kein Luxus, aber ein guter Standard
„Wir sind eine ehrenamtliche Dienststelle“, sagt Irmgard Heise, die Geschäftsführerin der Malteser in Kempen und „gute Seele“ der Kleiderkammer. Will sagen: Das Frauenteam versucht, alle Wünsche möglich zu machen. Die „Verkäuferinnen“ können aber auch kein Chanel-Kleid, keinen Boss-Anzug und auch keine Gucci-Sonnenbrille herbeizaubern. „Und sie freuen sich, wenn die Kunden auch mal nett danke sagen, ordentlich mit den Sachen umgehen und anprobierte Ware wieder zurücklegen“, betont Frank Lange, Stadtbeauftragter in der Gliederung Kempen bei den Maltesern.
Die Kleiderkammer hat mittwochs, 12.30 bis 14.30 Uhr, und freitags, 10 bis 12 Uhr, geöffnet. Jeder, der ein ernsthaftes Anliegen hat, ist in der guten Stube willkommen. Es wird nicht groß nach Papieren oder Berechtigungsscheinen gefragt. Obwohl die Zeiten rauer geworden sind, versuchen die Malteser, einen Service wie die Kleiderkammer freundlich und zugewandt zu organisieren. „Es ist immer etwas los, der Zuspruch ist ungebrochen da“, so Irmgard Heise, die 1987 zu den Maltesern gestoßen ist und noch die erste Kleiderkammer am Donkring kennengelernt hat. „1988 erfolgte der Umzug zur Verbindungsstraße, wo wir uns heute noch wohlfühlen“, sagt die Geschäftsführerin, die diesen Job ebenfalls ehrenamtlich macht.
Vergleichbar mit einem guten Second-Hand-Laden
Die Kleiderkammer hat sich stetig weiterentwickelt, vergleichbar mit einem hochwertig ausgestatteten Second-Hand-Laden. „Natürlich sind die Preise nicht vergleichbar, wir geben die Sachen gegen ein kleines Entgelt ab und werden uns eigentlich immer handelseinig“, berichtet Irmgard Heise. Wer wenig geben kann, gibt wenig; wer ein paar Euro mehr auf der hohen Kante hat, darf gerne eine Münze mehr in den Spendentopf werfen. Es zählt immer der Sozialgedanke, dem die Malteser verpflichtet sind.
„Es sind überwiegend Bedürftige, die zu uns kommen. Und wir unterstützen für die Krefelder Malteser-Gliederung auch die Wohnungslosen.“ Darüber hinaus schauen nicht selten Bedienstete von Jugend- und Ordnungsamt vorbei, wenn es beispielsweise darum geht, aus Familien herausgeholten Kindern etwas Ordentliches zum Anziehen zu besorgen oder Wohnungslose mit dem Nötigsten zu versorgen. In solchen Fällen spielt Geld keine Rolle – schnelle Hilfe ist das Wichtigste.
Bedient wird immer mit einem freundlichen Lächeln
Trotz aller Schicksale, mit denen das Team in der Kleiderkammer konfrontiert ist, wird der Service stets mit einem Lächeln und zuvorkommend angeboten. „Ich komme hier mit Menschen zusammen und habe ein gutes Gefühl, indem ich mich sozial engagiere“, sagt Marlies Scharafin. Die ehemalige Angestellte in der Personenbeförderung ist 2017 zu den Maltesern gestoßen, als jemand für den Fahrdienst gesucht wurde. Seit zwei Jahren kümmert sich die 64-Jährige in der Kleiderkammer um die Abläufe. Die Tätigkeit der heutigen Rentnerin umfasst weitaus mehr, als Kunden zu bedienen und als Modeberaterin zu fungieren. „Viele suchen auch das Gespräch und sind froh, einmal ein offenes Ohr für die Probleme zuhause zu finden.“
„Wir freuen uns über jede Kleiderspende. Die Sachen müssen nur in einem guten Zustand sein“, erzählt Irmgard Heise. Wenn die Dinge nicht in Empfang genommen werden können, steht immer die Blaue Box vor der Kleiderkammer, wo die Säcke eingeworfen werden dürfen. Alles wird geprüft und einsortiert, dass es an die richtige Adresse weitergegeben werden kann.
„Wir nehmen aber keine Messer und Scheren an“, verweist Irmgard Heise auf den Sicherheitsaspekt, der heutzutage eine Rolle spielt. Ein Porzellan- oder Gläser-Set sollte vier Teile umfassen. Möbel, weiße Ware oder sonstige schwere Gegenstände können aus Kapazitätsgründen nicht angenommen werden. Und die Gegenstände müssen angeliefert werden, ein Abholservice kann nicht geleistet werden.