Es ist ein Großprojekt, das einen Meilenstein in der Schulentwicklung, aber auch eine finanzielle und personelle Herausforderung für die Stadt Kempen darstellt: die grundlegende Sanierung und Erweiterung der drei weiterführenden Schulen. Mit dem Technischen Beigeordneten Torsten Schröder hat erlebe Kempen darüber gesprochen, wie der aktuelle Planungsstand ist und wie es weitergeht.
Ein bisschen ist es wie die Vorbereitung auf Weihnachten, findet Torsten Schröder. Ab Mai schreibt die Stadt Kempen mit Hilfe eines Planungsbüros nun ihren „Wunschzettel“ und noch in diesem Jahr sollen die „Päckchen“ ausgepackt werden. Für die „Bescherung“ sorgt nämlich ein Architektenwettbewerb.
Eine umfangreiche Machbarkeitsstudie ist zu dem Schluss gekommen, dass die Gesamtschule neue Räume benötigt, die in einem Neubau auf der Fläche des Ludwig-Jahn-Platzes entstehen sollen. Um einen Architektenwettbewerb für das neue Gebäude ausloben zu können, hat die Stadt Ende April (nach Redaktionsschluss) aus verschiedenen Bewerbern ein Büro ausgewählt, das die Wettbewerbsbetreuung übernimmt. Von diesem Büro lässt sich die Stadt beraten, wie konkret die Vorgaben aussehen werden. „Die Regularien sind schon umfangreich für einen solchen Wettbewerb, damit alle Teilnehmer auch die gleichen Voraussetzungen haben“, erklärt Torsten Schröder. Grundlage für die Entwürfe sind die Raumbedarfe, die in der Machbarkeitsstudie zu Grunde gelegt wurden.

Für die Klassen 5 bis 8 sollen auf dem Jahn-Platz unter anderem 24 Klassenräume, Differenzierungs- und Inklusionsräume, Büros, Lehrerzimmer, Gruppenarbeitsräume, 18 Fachräume, eine Bibliothek mit Selbstlernzentrum, ein Forum und noch einiges mehr auf einer Brutto-Geschossfläche von rund 9.200 Quadratmetern entstehen. Auf dem Areal soll – das war Vereinen und dem Thomaeum wichtig – noch Platz für eine kleine Sportanlage bleiben.
„Wichtig ist, dass die Raumplanung und das pädagogische Konzept umgesetzt werden können“, so Torsten Schröder. Die Gesamtschule möchte mit sogenannten Clustern arbeiten. Die Gesamtschule arbeitet in Abteilungen, die unter anderem Flexibilität in der Flur- und Raumgestaltung benötigen, für kleine und größere Gruppen, für differenziertes Arbeiten und gemeinsames Lernen. In Krefeld haben sich Stadt und Schule bereits ein Bild davon gemacht, wie dies im Rahmen des vorgesehenen Raumprogramms umsetzbar ist.
Das Thema Flexibilität ist bei den Planungen wichtig. „Die Räume müssen so sein, dass man sie vielleicht in zehn bis 15 Jahren anders nutzen kann“, erklärt Schröder. Ein gutes Beispiel für nachhaltiges Bauen ist da der Altbau der Martinschule von 1928. Der wird nun fit gemacht für die nächsten 50 Jahre. „Für die unteren Klassen oder Fachräume wären die Räume dort zu klein, aber als Oberstufenzentrum passt es.“ Auch das Obergeschoss soll dort in Zukunft wieder für Unterricht, zum Beispiel für das Fach Darstellen & Gestalten, genutzt werden. Dazu wird ein weiteres Treppenhaus sowie ein Aufzug angebaut, was einen weiteren Fluchtweg und Barrierefreiheit sicherstellt. Zurzeit sei man in der Phase der Detailplanung und Ausschreibung, sodass man nächstes Jahr in die Umsetzung einsteigen könne. An ein solches Denkmal müsse man behutsam rangehen. Die Zustimmung der unteren Denkmalbehörde ist erfolgt, und auch der Bau- und Denkmalausschuss hat dem Vorhaben zugestimmt.
Aber zurück zum Architektenwettbewerb: Noch offen ist zum Beispiel die Form des Schulgebäudes und die Anordnung der Räume. Fassadengestaltung, Dachbegrünung und die Verwendung von erneuerbaren Energien sind von den Architekturbüros zu berücksichtigen. Zwar folgt im Nachgang noch eine konkrete Ausführungsplanung. Aber der Wettbewerb soll eine konzeptionelle Planung liefern, die dann auch umsetzbar ist. Die Architekturbüros arbeiten mit Fachleuten für die Technische Gebäudeausrüstung und Landschaftsgärtnern zusammen, um ein Gesamtpaket schnüren zu können. Denn auch die Gebäudetechnik und die Umfeldgestaltung gehört dazu. Das umfasst den gewünschten Allwetterplatz neben dem neuen Gebäude und die Schulhofgestaltung für das gesamte Areal, in das dann auch der neue Holzmodulbau, die Mensa und der Altbau der Martinschule einbezogen werden. Die Flächen dort sind aufgrund der Bauarbeiten bisher eher zweckmäßig gestaltet. Das soll sich ändern. Dann gilt es, eine Jury zu küren aus Fachpreisrichtern, das sind Architekten und Ingenieure, sowie Sachpreisrichtern, die zwar keine Fachleute im Bauen sind, aber mit dem späteren Bau eine Verbindung haben. Die Abgabefristen sind noch nicht fix. Aber wahrscheinlich werden die Ergebnisse im Herbst vorliegen, damit noch in diesem Jahr ein Siegerentwurf gekürt werden kann.
Das Ziel sei es, durch den Wettbewerb Ideen zu generieren, auf die man sonst vielleicht nicht gekommen wäre. Zudem bietet der Auswahlprozess die Chance, verschiedene Ideen abzuwägen und am Ende einen – hoffentlich einstimmigen – Sieger zu haben, der dann von allen mitgetragen werden kann.
Der Neubau für die Gesamtschule ist ein Baustein des gesamten Projektes Schulcampus. Die ersten Schritte wurden mit einem neuen Holzmodulbau und der Sanierung des Altbaus der Martinschule gemacht. Bevor auf dem Ludwig-Jahn-Platz gebaut werden kann, soll aber der Bau am Familiensportpark an der Berliner Allee beginnen. Dort soll ein neuer Rasenplatz als Ersatz für den Jahn-Platz entstehen. Im letzten Sportausschuss war die Entscheidung vertagt worden, weil es noch Gesprächsbedarf mit dem SV Thomasstadt gibt. Die Verwaltung hofft nun auf eine Entscheidung im Rat am 21. Juni, um in die Detailplanungen einsteigen zu können. Der neue Rasenplatz soll 2025 zur Verfügung stehen, damit dann die Arbeiten für die Gesamtschule beginnen können. Generell machen der Stadt die fehlenden Baumaterialien und die knappen Kapazitäten bei Fachplanern und ausführenden Firmen Sorgen. Aber darauf habe man keinen Einfluss.
Die Gymnasien Thomaeum und Luise-von-Duesberg-Gymnasium hat die Stadt im Prozess Schulcampus bereits im Blick. Nach dem Abschluss der Arbeiten für die Gesamtschule sollen die Schulen nach und nach leergezogen und kernsaniert werden. Auch Erweiterungen und Neubauten sind dann möglich. Die Schulen sollen in diesen Prozess einbezogen werden. Bereits in der Ausführungsplanung ist die Sanierung von Turnhalle und Aula am LvD. Dazu laufen bereits die Planungsabstimmungen, sodass es im nächsten Jahr schon losgehen könnte.
Für Gesprächsstoff sorgt noch, wie es für das LvD weitergeht. Die Machbarkeitsstudie sieht vor, dass drei Gebäude der jetzigen Gesamtschule saniert werden und das LvD dort dauerhaft einzieht. Die Schulkonferenz des LvD lehnt dies allerdings ab. Man wolle das Gespräch mit der Schule suchen und noch einmal deutlich machen, dass das Gymnasium in der alten Realschule die besseren Bedingungen habe, so Torsten Schröder. Zeitdruck sieht die Stadt dabei aber aktuell nicht. Die Entscheidung wurde in den Schulausschuss im Herbst verschoben.
Insgesamt soll das komplette Paket Schulcampus, bestehend aus der Komplettsanierung der Bestandsgebäude, den Bestandserweiterungen und dem Neubau, rund 80 Millionen Euro kosten und bis zum Jahr 2033 dauern.
Text: Ulrike Gerards, Fotos: Patrick van der Gieth
Die Sicht des LvD: Hoffen auf einen ergebnisoffenen Dialog

Im März hatte es eine engagierte Debatte im Schulausschuss über einen möglichen Umzug des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums (LvD) in die Gebäude der Gesamtschule gegeben. Die Schulkonferenz, also die Vertreter der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft, hatte sich dagegen ausgesprochen, die Politik dennoch mehrheitlich dafür. Nun wurde die Entscheidung aber doch noch einmal verschoben.
erlebe Kempen: Wie sieht die Stimmung an der Schule aktuell aus?

Benedikt Waerder: Wir haben in den letzten Jahren in einigen Arbeitssitzungen intern, mit gpe und Garbe und Lexis (den Planungsbüros im Prozess der Kempener Schulentwicklung, Anm. d. Red.) unsere pädagogischen Vorstellungen eingebracht und erläutert. Der gpe-Prozess wurde von der Stadt abgebrochen, Garbe und Lexis scheinen uns eher die städtischen Kosten als die pädagogisch sinnvolle und zukunftsorientierte Gestaltung im Blick zu haben. In den von Garbe und Lexis vorgelegten Raumkonzepten für beide Gebäude sehen wir noch viel Veränderungsbedarf, weil die Entwürfe zentrale pädagogische Anforderungen nicht berücksichtigen. Wenn nun auch die für uns zentrale Frage des Ortswechsels über uns hinweg entschieden worden wäre, hätte sich sicher niemand mehr zu einer Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern motivieren können. Durch die Verschiebung in den Herbst besteht wenigstens noch die Hoffnung, dass man unsere Argumente ernstnimmt.
Was spricht aus Ihrer Sicht gegen den Umzug in die Gesamtschule?
Waerder: In der Stellungnahme der Schulkonferenz sind die Argumente ausführlich benannt. Kurzgefasst befürchten wir durch die weitläufige, nicht zentral um einen Hof angelegte Gebäudestruktur den Verlust des Kontaktes zwischen jüngeren und älteren Schülerinnen und Schülern, eine schlechtere Beratungssituation für die Oberstufe und sehr lange Wege für die Lehrkräfte. Die ausgelagerte Position der Cafeteria könnte darüber hinaus ein großes Problem für unser Elterncafé „Café Luise“ werden. Gerade die direkte, unmittelbare Kommunikation zwischen allen Mitgliedern der Schulgemeinschaft macht aber das Herz des LvD aus.
Was hoffen Sie, wie es nun weitergeht?
Waerder: Ich hoffe, dass wir in den kommenden Monaten Gelegenheit haben zu einem ergebnisoffenen Dialog. Aus jetziger Sicht glauben wir, dass unser aktueller Standort besser geeignet ist, die Kernpunkte unseres Schulprogrammes umzusetzen und unsere Schule für die Zukunft weiterzuentwickeln. Ich stelle mir vor, dass Schulgemeinschaft, Schulträger und externe Fachplaner auf beide Standorte schauen. Dabei sollten sie pädagogische Bedürfnisse und Ziele, Nachhaltigkeitsaspekte und entstehende Kosten miteinander abgleichen und möglichst im Konsens eine Entscheidung für einen der Standorte treffen. Es macht schließlich keinen Sinn, für viel Geld eine Schule zu sanieren, in der die Nutzerinnen und Nutzer nicht glücklich werden.
Foto: Patrick van der Gieth/privat

