Ulli Potofski trifft Bernd Schoenmackers

Seit Oktober 2012 ist der St. Huberter Bernd Schoenmackers Geschäftsführer im Eisstadion – heute Grefrather EisSport & EventPark. Mit Ulli Potofski sprach der 55-Jährige über die Herausforderungen, die vor zehn Jahren vor ihm lagen, und die, die aktuell zu bewältigen sind.

Potofski: Gehen wir mal zu den Anfängen vor zehn Jahren, als Sie Geschäftsführer im Grefrather EisSport & EventPark geworden sind. Wie war das?
Schoenmackers: Ich bin durch einen Zeitungsartikel darauf gestoßen, dass es hier im Eisstadion eine Vakanz gibt. Ich kam aus der freien Wirtschaft, aus einem sehr harten Umfeld und habe gesagt: Du hast deine Hausaufgaben gemacht, was das Private angeht, ich hatte mein Haus abbezahlt. Und ich habe gemerkt, dass ich es mir leisten kann, die Aufgabe ganz in den Fokus zu stellen und das Finanzielle etwas zurückzustellen. Ich habe sehr schnell gemerkt, dass mich hier eine unglaubliche Vielfalt von Aufgaben erwartet.
Sie kommen aus einem anderen Bereich und auf einmal hatten Sie mit Eisläufern, Sportlern, Musikern, mit Events zu tun – gab es da eine Art Vorbildung im Bereich Veranstaltungsmanagement?
Ich wusste, dass im Haus mit Jan Lankes ein Veranstaltungsleiter tätig ist, es also einen fähigen Fachmann für diesen Bereich gibt. Das hat mich schon mal beruhigt. Ich habe schnell herausgefunden, dass hier das Thema Betriebswirtschaft wichtig ist: Finanzen, Einkauf, Verkauf, Mitarbeiterführung etc. – dies waren Themen, die schon früher zu meinen beruflichen Aufgaben gehörten. Dazu kommt viel Technik, wie man sich bei der Anlage hier vorstellen kann – ich bin studierter Ingenieur. Der ebenfalls wichtige Bereich Marketing war mein Schwerpunkt im betriebswirtschaftlichen Studium und somit ebenfalls bestens bekannt. Das Thema Presse war sicher neu. Hier in Grefrath bot sich genau die Stelle, bei der ich meine vielfältigen Berufserfahrungen anbringen konnte. Und ich war früher gerne Eislaufen und bin Eishockey-Fan – das passte hier alles zusammen.
Ich habe noch im Hinterkopf, dass es hier mal einen recht erfolgreichen Eishockey-Verein gab. Was ist eigentlich aus dem geworden?
Ja, hier war ein Zweitligist beheimatet. Das ist aber schon etliche Jahre her. Da erinnere ich mich selbst an spannende Derbys mit dem KEV. Aber wie es in vielen Sportarten und auch vielen Traditionsvereinen im Fußball ist – es fehlt das Geld und dann kommt der sportliche Abstieg. Aber heute sind hier sehr gesunde Vereine im Breitensport zu Hause, die von den Bambinis bis zu den Senioren alles betreuen. Wir haben auch eine Damen-Zweitbundesligamannschaft hier. Zusätzlich haben wir einen Eiskunstlaufverein, einen Leistungsstützpunkt Eisschnelllauf. Eine große Vielfalt.
Sport spielt also noch eine große Rolle für Sie?
Sport spielt definitiv eine große Rolle. Das kleine g unserer gGmbH steht für gemeinnützig und das ist der ganze Bereich Breitensport. Man muss hier den Spagat zwischen der Gemeinnützigkeit und der Wirtschaftlichkeit schaffen. Was ich hier angetroffen hatte, war – wie es der ehemalige Bürgermeister genannt hatte – ein großes Schiff in großer Schieflage. Das ist die größte Eisanlage in Nordrhein-Westfalen, mit Frankfurt die größte in Deutschland. Es wurde damals ein großes Minus erwirtschaftet.
Und gibt es mittlerweile eine schwarze Null?
Ja, das war der Weg, den wir beschritten haben. Wir hatten eine Strategie 2020: 20 Maßnahmen, die rentierlich sind, bis 2020 umzusetzen. Die Prognose war: Wir schreiben im Jahr 2016 die erste schwarze Null. Das haben wir auch geschafft. Es war relativ schnell klar, dass wir Kosten sparen mussten. Aber wir mussten auch an der Erlösseite etwas tun. Letztendlich fehlte die Präsenz. Dieses Eisstadion war bei den Menschen nicht mehr auf dem Schirm.
Das ist ja das Schlimmste, was passieren kann.
Genau. Ich habe früh gesagt, dass wir vor allen Dingen Besucher generieren müssen. Wir müssen auf uns aufmerksam machen. Wir müssen zurück auf den Schirm. Dafür haben wir einiges angepackt.
Und wie ist das gelungen?
Wir haben einiges verändert. Zum Beispiel bei der Pressearbeit. Für Veranstaltungen haben wir einen Pressebereich eingerichtet. So hat sich die Presse begrüßt gefühlt. Das ist ein Prozess, den wir langsam aufgebaut haben. Ins Leben gerufen haben wir Pressereisen, zum Beispiel zu Holiday on Ice nach Hamburg, wo Stargäste und Thema der neuen Tour vorgestellt werden. Das sorgt für eine hohe Bindung.
Ihr habt es aber dann tatsächlich geschafft, dass Holiday on Ice hier die Premiere vorführt?
Ja. Hier findet die offizielle Premiere statt. Ich habe 2012 die erste Show von Holiday on Ice hier gesehen, da waren wir dritter oder vierter Spielort. Dann habe ich zu meinem Veranstaltungsleiter Jan Lankes gesagt: Kriegen wir nicht irgendwie die Premiere hier hin? Da hat er mich erst einmal komisch angeguckt und gedacht: Jetzt wird er größenwahnsinnig.
Kann ich verstehen. Was spricht denn dafür, so eine Premiere in Grefrath zu machen?
Alle wissen, dass eine Premiere meist noch nicht ganz perfekt ist. Bei den ersten Shows kann immer was schiefgehen. Hier sitzt kein verwöhntes Großstadt-Publikum, sondern ein dankbares, eisaffines Publikum. Wenn hier mal was schiefgeht, dann gibt es eher einen aufmunternden Applaus statt abfälligen Stöhnens. Dann haben wir eine Halle, in der das Publikum sehr nah am Läufer ist. Und es herrscht ein großes Vertrauensverhältnis. Das Team von Holiday on Ice kann sich hier frei bewegen. Mit diesen Argumenten sind wir selbstbewusst nach Hamburg gereist und haben im Frühjahr 2013 das Go bekommen. Seitdem sage ich immer: Hier findet die Weltpremiere von jeder neuen Tour von Holiday on Ice statt und danach geht es in die kleineren Städte: Hamburg, Berlin, München, Köln. Was nach den starken 90er Jahren auch am Boden lag, war der Bereich Veranstaltungen.
Woran lag es?
Der Kontakt zu vielen Veranstaltern war verloren gegangen. Wir haben schnell gemerkt, dass man bei großen internationalen Veranstaltern lange erklären muss, was man als Eissportzentrum eigentlich bei ihnen will. Daher haben wir einen großen Prozess angestoßen und eine neue Wortbildmarke geschaffen. Aus dem Eissportzentrum wurde der Grefrather EisSport & EventPark. Zusammen mit einer professionellen Veranstaltermappe war das der Startschuss zur Wiederbelebung des Veranstaltungsbereichs. Seitdem haben wir tolle Veranstaltungen gehabt, Carolin Kebekus, Sascha Grammel, Markus Krebs …
Worauf können sich die Leute freuen?
Im September sind Brings da, am 16. September kommt Chris Tall, im nächsten Jahr geht es weiter mit Sascha Grammel und Markus Krebs …
Als ich Markus vor etwa acht Jahren kennen gelernt habe, ist er ja in Remscheid vor acht Leuten aufgetreten. Und der hat es durchgezogen, als ob 800 da wären. Ein sympathischer Typ.
Total. Und auch solche Sachen funktionieren hier bei uns. Bei einige Veranstaltern gab es erst Skepsis, aber das läuft. Die kommen wieder.
Haben Sie gute Kontakte zu den Künstlern? Wer ist Ihnen da so hängengeblieben?
Ich bin ja neugierig. Wenn ich so einen Künstler im Haus habe, möchte ich den auch kennenlernen. Hier geht das auch. Das lustigste Erlebnis war, als Cindy aus Marzahn eine ihrer letzten Shows gemacht hat – die wurde uns als Diva angekündigt, da müssten wir aufpassen. Ich komme an dem Tag mit dem Auto auf den Parkplatz – ich stehe eigentlich meistens auf demselben Platz. Aber da steht auf diesem Platz eine rosa Couch und darauf liegt eine fülligere Person mit einem Kaffee und einer Zigarette. Da bin ich ausgestiegen und sage: „So, jetzt kommt hier mal die Couch weg. Das ist nämlich mein Parkplatz.“ Ich wusste natürlich, dass das Ilka Bessin ist. Erst zuckte sie, dann habe ich gegrinst und mich bei ihr vorgestellt. Und sie sagte: „Ich bin so entspannt. Ist das herrlich hier. In den Großstädten ist immer nur Hektik. Aber hier ist es so schön ruhig. Und vielen Dank für die Blumen.“ So viel zum Thema Diva. Und so gibt es viele persönliche Begegnungen. Udo Lindenberg habe ich im Zuge einer Holiday-on-Ice-Gala im Hamburger Atlantic Hotel getroffen – das war ein persönliches Highlight.
Sie haben auch einige Kooperationen?
Ja, wir haben uns Kooperationspartner gesucht, mit denen wir uns gegenseitig helfen können. Das ist über die ganzen Jahre gewachsen. Mit dem Krefelder Zoo, der Sparkasse Krefeld, dem Kletterwald Niederrhein, und seit ein paar Jahren auch mit Action Medeor, einer Herzensangelegenheit. Hier wussten wir lange nicht, wie wir Action Medeor helfen können. Wir hatten selbst kein Geld zu verschenken. Dann kam die Idee, eine „Show for Charity“ für Holiday on Ice zu machen. Das haben wir 2019 das erste Mal gemacht, konnten einen schönen Scheck überreichen und seitdem gehören wir zur Unternehmerinitiative von Action Medeor. Das hat uns sehr gefreut. Wir versuchen seither, immer wieder Aktionen zu fahren.
Was passiert aktuell hier?
2018 haben wir einen Antrag gestellt für eine Bundesförderung. Da haben wir einen Zuschlag bekommen für knapp vier Millionen Euro Förderung. Da sind wir jetzt in der Umsetzung.
Was heißt das? Was ist schon passiert?
Da haben wir ein dickes Maßnahmenpaket. In der Halle haben wir eine neue Bestuhlung, neue Bande, neue Beleuchtung. Die Kältezentrale, das Herzstück, und die Heizzentrale werden erneuert. Irgendwann kommen die Fassade, Fenster und Türen. Eine ordentliche Rundumerneuerung. Uns hat gefreut, dass der Bund sagt, dass es das wert ist, Geld in so eine Anlage zu stecken, wo andere zumachen. Das war ein großer Motivator, dass der Bund an uns glaubt. Im Moment haben wir viel Arbeit. Und wir müssen mal sehen, was noch auf uns zukommt.
Da stehen einige Herausforderungen an. Ich wünsche Ihnen viel Glück für alles, was da ansteht – das gehört ja auch im Leben dazu. Aber eben auch Fleiß und Begeisterung, das spürt man hier. Hoffen wir auf eine gute Saison!

Foto: Patrick van der Gieth