Das Bad schimmelt, der defekte Wasserhahn ist immer noch nicht repariert, die Blattlaus macht ein Verweilen auf dem Balkon unmöglich, bei Minustemperaturen bleibt bereits die zweite Woche die Heizung kalt, ein Wasserrohrbruch sorgt für nasse Füße im Wohnzimmer. In solchen Fällen denken Mieter darüber nach, die Miete zu kürzen. Das ist legitim, sofern den Mieter keine Schuld für den Schaden trifft und er bei Unterzeichnung des Mietvertrags nichts von dem Mangel wusste. Und es ist ein probates Mittel, gegenüber dem Vermieter Druck aufzubauen, dass der Missstand zeitnah behoben wird. Die Mietminderung muss realistisch sein, kann aber im Extremfall bis zu 100 % ausfallen – etwa, wenn die Elektrik ausfällt über einen längeren Zeitraum.
Doch Vorsicht ist geboten. Wenn der Mieter zu diesem Mittel greift, muss tatsächlich ein triftiger Grund vorliegen. Denn der Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mangel vorliegt und dass die vom Mieter diesbezüglich vorgenommene Kürzung der Miete gerechtfertigt ist. Das ist festgehalten im Paragraphen 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ansonsten könnte das Pendel zurückschlagen: Der Vermieter darf über eine Kündigung des Mietvertrags nachdenken, wenn er die Mietminderung für überzogen hält.
Deshalb empfehle ich aus Mietersicht eine gut durchdachte Vorgehensweise. Die sicherste Variante ist, die Miete vollständig weiter zu zahlen – allerdings ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Dann kann man versuchen, entweder mit dem Vermieter eine Einigung zu finden, oder die Minderungshöhe gerichtlich klären lassen. Damit hat der Mieter Rechtssicherheit und kann sich später die überzahlte Miete durch Aufrechnung gegen künftige Mietforderungen zurückholen. Das ist möglich, wenn man den Vorbehalt der Rückforderung erklärt hat. Also, wer über eine Mietminderung nachdenkt, sollte sich fachanwaltlich beraten lassen!
Birgit Heinen ist seit 2004 Mitglied der Kempener Kanzlei Winkler & Nagel.
Die Juristin hat in der Kanzlei das Dezernat Miet- und Immobilienrecht etabliert und ist Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Treten Sie mit ihr in die Diskussion:
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